Tag für Tag erlebe ich Menschen, mit hohem Fachwissen. Nicht alle von ihnen sind jedoch in der Lage, dieses Wissen auch so zu vermitteln, dass es beim Anderen ankommt und in Erinnerung bleibt.
In einer Studie der Michigan State University wurde nun überprüft, welche Rolle Gesten beim Lehren und Lernen von Mathematik haben. Das Ergebnis ist sehr eindeutig: Kinder, die von Lehrern unterrichtet wurden, die ihre Aussagen mit Gesten unterstrichen, hatten einen deutlich höheren Lerngewinn als jene, die bei Pädagogen lernten, die auf den Einsatz ihrer Hände verzichteten. Dabei reichen bereits kleine dezente Gesten.
Deshalb sollten sie, wenn Sie etwas Erklären und den Anspruch haben, dass bei den Zuhörern auch etwas hängen bleibt, auf jeden Fall Ihre Hände einsetzen. Übrigens auch dann, wenn es nicht um Mathematik geht.
Scheu vor Gesten
Doch auch wenn Gesten so wichtig sind, scheuen sich viele davor, sie einzusetzen.
Sie kostet es teilweise große Überwindung.
Das liegt vor allem daran, dass ich in dem Moment, in dem ich meine Hände beim Reden einsetze, automatisch mehr Raum einnehme. Das kann als Peinlich empfunden werden. Diese Scheu ist sehr schade, denn schließlich sollte jeder, der etwas sagt, auch den Willen und Mut haben, für seinen Standpunkt oder seine Erklärungen einen angemessenen Raum zu beanspruchen.
Wenn auch Sie es also als stressig empfinden, probieren Sie es einfach mal zu Hause vor dem Spiegel aus. Erzählen sie Ihrem Spiegelbild in einem ungestörten Moment etwas darüber, wie Sie ein Brot backen, wie sie zu Fuß vom Bahnhof zum nächsten Bäcker kommen, was Ihre Meinung über Tempokontrollen ist, was ein Winkel ist…
Erklären Sie es beim ersten Mal strikt ohne jegliche Handbewegungen. Gelingt das oder zuckt es in den Fingern?
Beim zweiten Durchgang binden Sie Ihre Hände mit ein und experimentieren Sie ein bisschen. Denken Sie dran: Es gibt kein falsch, peinlich und Versagen und ich weiß jetzt schon, dass Sie es toll machen werden. Es ist einfach nur ein Ausprobieren. Und zum Ausprobieren gehört auch, zwischendurch mal völlig zu übertreiben. Wenn es Spaß macht, läuft es gut :-)
Wenn Sie es vor dem Spiegel immer besser schaffen: Glückwunsch! Dann kommt Stufe zwei: Nutzen Sie die Hände auch dann, wenn Sie anderen Menschen etwas erklären. Nach einer ersten Überwindung werden Sie merken, dass auch das wunderbar funktioniert. Und nach einer gewissen Zeit werden Sie sich gar nicht mehr vorstellen können, etwas ohne Gesten erklären zu können.
Ausreden gelten nicht, denn es gibt kein Thema, zu dem es keine Gesten gibt. Voraussetzung: Ich bin sicher im jeweiligen Thema.
Gesten in der Matheförderung
Gesten spielen auch bei mir in der Förderung eine große Rolle. Zunächst einmal sind es meine Gesten beim gemeinsamen Erarbeiten. Wenn jedoch ein Schüler oder Erwachsener in der Lage ist, ein neu verstandenes Thema anzuwenden, tauschen wir schrittweise die Rollen. Nun möchte ich das Thema erklärt bekommen. Zunächst besteht trotz fachlicher Sicherheit oft noch eine sehr starke emotionale Verunsicherung. Die Symptome: Der Blick nach unten, Antworten werden als Fragen formuliert….
Auf spielerische Weise wird mein Schüler dann schrittweise zum Experten, der versucht, einen verständlichen und selbstsicheren Kurzvortrag zu halten. Bei diesem Vortrag spielen auch wieder die Gesten eine wesentliche Rolle. Zunächst einmal sind sie immer ein Gradmesser für die Selbstsicherheit, die jemand im Thema erreicht hat. Zum Anderen mache ich auch die Erfahrung, dass Gesten nicht nur beim Betrachter für einen stärkeren Lerneffekt sorgen, sondern auch beim Lehrenden.
Reden und angemessene Gesten in Einklang zu bringen braucht Übung. Bleiben Sie dran.
Ich wünsche ganz viel Spaß beim Redenschwingen in den nächsten Tagen.
Der Film zum Thema: -> klick
Gesten im Mathematikunterricht
Tags: Förderung, Gesten, Matheunterricht